In Kürze
Die Regulierung von Cannabis in der Schweiz ist eine grosse Chance für den Gesundheitsschutz, Aufklärung und wirtschaftliche Nachhaltigkeit. Doch sie gelingt nur, wenn sie konsequent, realistisch und lokal verankert umgesetzt wird. Folgende Punkte erachtet die IG Hanf Schweiz als zentral für das Gelingen einer Regulierung:
- Jugendschutz und Konsumentensicherheit durch regulierte Abgabe statt Schwarzmarkt
- Förderung einer lokalen, nachhaltigen Cannabiswirtschaft statt Importabhängigkeit
- Lizenzmodell für privatwirtschaftliche Fachgeschäfte statt staatlicher Verkaufsmonopole
- Ausschluss synthetischer und halbsynthetischer Cannabinoide
- Realistische THC-Grenzwerte, die Sicherheit und Marktlogik verbinden
Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates (SGK-N) hat bekannt gegeben, dass Erwachsenen in der Schweiz zukünftig ein strikt geregelter Zugang zu Cannabis ermöglicht werden soll. Die Vernehmlassung zum Gesetz über Cannabisprodukte wird im August 2025 eröffnet. Die IG Hanf Schweiz begrüsst die Absicht des Bundes, eine klare gesetzliche Grundlage für den Umgang mit Cannabisprodukten zu schaffen.
Die Schweiz verfolgt seit den 1990er Jahren mit der Vier-Säulen-Politik (Prävention, Therapie, Schadensminderung und Repression) einen international anerkannten Ansatz in der Drogenpolitik. Diese Strategie setzt auf Gesundheitsschutz, soziale Integration und differenzierte Massnahmen statt ausschliesslicher Repression. Eine moderne Cannabisregulierung stellt eine konsequente Weiterentwicklung dieser bewährten Politik dar.
Die Realität des Schwarzmarktes im Bereich Cannabis untergräbt heute zentrale Ziele der Vier-Säulen-Politik: Heute lässt sich der Jugendschutz nicht durchsetzen, Produktqualität sowie Produktinformation (über z. B. THC-Gehalt der Sorte) ist nicht gewährleistet, Konsumierende sind unnötigen gesundheitlichen Risiken ausgesetzt und Polizei- und Justizressourcen werden ineffizient gebunden.
Eine sachgerechte Regulierung bietet die Chance, den Schwarzmarkt wirksam zurückzudrängen, den Jugendschutz zu verbessern und eine lokale, qualitätsorientierte Branche aufzubauen. Damit diese Regulierung aber glaubwürdig, wirksam und wirtschaftlich sinnvoll wird, müssen zentrale Prinzipien beachtet werden: Der Schutz des lokalen Gewerbes, die Abgabe über regulierte Fachgeschäfte, der Ausschluss synthetischer Cannabinoide und realistische, differenzierte THC-Grenzwerte, die dem Konsumverhalten und dem Schwarzmarkt Rechnung tragen.
1. Für eine lokale, nachhaltige Cannabistwirtschaft
Die IG Hanf fordert, dass ausschliesslich in der Schweiz produziertes und verarbeitetes Cannabis im legalen Markt zugelassen wird. Der Import von Cannabis schwächt den Aufbau einer lokalen, diversifizierten und ökologisch verantwortlichen Branche. Importe sollten, sofern nach internationalem Recht zulässig, nur für spezifische, vorübergehende Bedarfe erfolgen, die durch die Schweizer Produktion nicht gedeckt werden können. Durch eine klare Begrenzung von Importen soll eine nationale Regulierung die heimische Landwirtschaft, kleine und mittlere Unternehmen sowie Innovation gezielt fördern.
Warum es den Schutz des lokalen Gewerbes braucht:
- Einfuhren aus Niedriglohnländern könnten Preisdumping verursachen und lokale Unternehmen verdrängen.
- Für den Aufbau eines funktionierenden heimischen Marktes ist es essenziell, dass Schweizer Produzenten notwendiges Know-how für verschiedene Anwendungen und Konsumformen entwickeln und sichere Produkte in der Schweiz herstellen können.
- Kurze Transportwege senken Emissionen und ermöglichen strengere Qualitäts- und Umweltstandards als bei Importware.
🔗 Link zur Position: Position zum Import von Cannabis und Cannabisprodukten – IG Hanf Schweiz
2. Fachgeschäfte: Reguliert, privatwirtschaftlich und verantwortungsvoll
Die IG Hanf plädiert für einen marktorientierten Ansatz, bei dem Fachgeschäfte wirtschaftlich tragfähig arbeiten können. Unter klaren staatlichen Auflagen. Nur eine solche Struktur kann Schwarzmarktverdrängung, Produktsicherheit, Beratung und Jugendschutz gewährleisten.
Die IG Hanf lehnt staatliche Verkaufsmonopole oder -oligopole auf Bundes- oder Kantonsebene entschieden ab. Solche Modelle sind teuer, ineffizient, führen zu eingeschränkter Produktauswahl und befördern den illegalen Markt.
Die IG Hanf setzt sich für ein Regulierungsmodell ein, das allen Produzenten und Händlern den Zugang zu einer Lizenz für den kontrollierten Anbau, Handel und Abgabe ermöglicht, welche die gesetzlichen Anforderungen erfüllen. Das bedeutet:
- Förderung von fairem Wettbewerb unter den Marktteilnehmenden
- Keine Monopole
- Transparente und effiziente Vergabeverfahren für Lizenzen und Bewilligungen
- Verhindern einer Überproduktion durch einen regulierten Markt
Das aktuell vorgesehene Modell einer stark zentralisierten Cannabisregulierung, insbesondere das Onlinehandel-Monopol des Bundes, steht im Spannungsfeld zwischen Gesundheitsschutz und liberaler Eigenverantwortung. Auch wenn eine gesundheitspolitisch motivierte Regulierung grundsätzlich sinnvoll ist, darf sie nicht in eine übermässige Bevormundung münden, die mit anderen Bereichen des Konsumverhaltens nicht konsistent ist. Eine wirksame Regulierung muss den Gesundheitsschutz stärken, aber auch die Selbstverantwortung respektieren und gesellschaftliche Realitäten anerkennen.
🔗 Link zur Position: Position zu Verkaufsstellen und deren Organisationsform – IG Hanf Schweiz
3. Keine synthetischen oder halbsynthetischen Cannabinoide im legalen Markt
Die IG Hanf fordert ausdrücklich, dass der regulierte Cannabismarkt ausschliesslich natürliche Cannabisprodukte umfasst. Synthetische und halbsynthetische Cannabinoide sind aus gesundheitlicher, regulatorischer und wissenschaftlicher Sicht nicht tragbar in einem legalen Markt. Ihre Zulassung würde die Glaubwürdigkeit und das Schutzniveau des legalen Marktes untergraben. Die Beschränkung auf natürliches Cannabis dient nicht nur dem Gesundheitsschutz, sondern ermöglicht auch eine einfachere Kontrolle und Rückverfolgbarkeit entlang der gesamten Produktionskette.
Die synthetischen Cannabinoide sind bereits heute gelistet in der Betäubungsmittelverzeichnisverordnung (BetmVV-EDI).[1] In der BetmVV-EDI werden auch Cannabinoidmimetika (wie Spice etc.) irrtümlicherweise «Synthetische Cannabinoide» genannt. Dieser Fehler in der Gesetzessystematik zeigt die Komplexität der Problematik und sollte zwingend behoben werden.
Aus folgenden Gründen sollte nur natürliches Cannabis reguliert werden:
- Die Definition von synthetischen Cannabinoiden ist umstritten und eine sinnvolle Regulierung dieser Stoffgruppen kaum möglich.
- Synthetische Cannabinoide (im Sinne der BetmVV-EDI) sind wenig erforscht: Ihre pharmakologischen Wirkungen, Wechselwirkungen und Risiken sind wissenschaftlich nicht ausreichend dokumentiert.
- Synthetische Cannabinoide (im Sinne der BetmVV-EDI) weisen teilweise extrem hohe Potenzen auf, die zu unvorhersehbaren Effekten wie Krampfanfällen, Psychosen oder Kreislaufversagen führen können. Zusätzliche Gesundheitsrisiken entstehen bei der Synthese dieser Stoffe.
- Die chemische Struktur lässt sich leicht modifizieren, wodurch ständig neue Varianten entstehen, die neu und auch für Labore nur schwer identifizierbar sind.
🔗 Link zur Position: Position zu synthetischen Cannabinoiden – IG Hanf Schweiz
4. THC-Grenzen: realistisch und differenziert statt ideologisch
Die IG Hanf lehnt pauschale THC-Limiten wie 20 % in den Pilotversuchen als nicht praxistauglich ab. Diese würden nicht zur Risikoreduktion führen, sondern lediglich den illegalen Markt stärken.
Wesentliche Anforderungen für eine praxistaugliche Regulierung:
- Für Blüten: eine realistische Obergrenze von mindestens 25 – 30 % THC, mit 25 % Toleranzspielraum
- Für Konzentrate / Extrakte: keine Obergrenze
- Für Esswaren: ein Maximum von 10 mg THC pro Portion, zur sicheren Konsumkontrolle
🔗 Link zur Position: Position zum THC-Gehalt von Cannabisprodukten – IG Hanf Schweiz
Weitere Positionspapiere der IG Hanf Schweiz zur Regulierung von Cannabis:
- Positionspapier IG Hanf zur Cannabisregulierung – IG Hanf Schweiz
- CANNABISREGULIERUNG SCHWEIZ – Umsetzung des 10 Punkte Modells «Schützen und Kontrollieren» – IG Hanf Schweiz
[1] SR 812.121.11 – Verordnung des EDI vom 30. Mai 2… | Fedlex (Positionen 265 und 303).