Europäischer CBD-Markt unter Druck: Regulierung, Repression und Reformversuche

Europäischer CBD-Markt unter Druck: Regulierung, Repression und Reformversuche

Der europäische CBD-Markt steht im Frühjahr 2025 an einem kritischen Punkt. Während sich der Konsum von Cannabidiol-Produkten etabliert hat und weiterhin Nachfrage besteht, sorgen neue gesetzliche Regelungen, wirtschaftliche Herausforderungen und rechtliche Unsicherheiten in mehreren Ländern für Verunsicherung. Ein Überblick über die Entwicklungen in fünf Schlüsselstaaten zeigt: Die Zukunft der Branche steht auf der Kippe.

Frankreich: Preisverfall und gefährliche Moleküle

Laut einem aktuellen Bericht von France 3 stehen französische CBD-Shops unter enormem Druck. Die Branche wird durch Online-Konkurrenz aus dem Ausland überschwemmt, die oft günstigere – und nicht immer kontrollierte – Produkte anbietet. Händler berichten von einem Preisverfall von über 50 % und warnen vor CBD-Produkten mit gefährlichen Substanzen, die über das Internet vertrieben werden. Die Folge: Umsatzrückgänge, Filialschliessungen und zunehmende Unsicherheit bei Konsument:innen. Frankreichs Regulierungsbehörden geraten zunehmend unter Druck, den Markt wirksamer zu kontrollieren.[i]

Zusätzlich schlägt die französische Gesundheitsbehörde ANSES vor, Cannabidiol (CBD) als vermutlich fortpflanzungsschädlich für den Menschen einzustufen. Grundlage sind Tierstudien, die negative Effekte auf Fruchtbarkeit und Entwicklung zeigen. CBD soll daher in Kategorie 1B der reproduktionstoxischen Stoffe eingestuft werden. Der Vorschlag ist bis 16. Mai 2025 zur öffentlichen Konsultation bei der EU-Chemikalienagentur (ECHA) online.[ii] Die vorgeschlagene Einstufung von Cannabidiol (CBD) durch ANSES basiert auf Tierstudien, deren Ergebnisse nicht direkt auf den Menschen übertragbar sind. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stellt in ihrem Bericht von 2017 fest, dass CBD gut verträglich ist, kein Abhängigkeitspotenzial hat und keine relevanten Gesundheitsrisiken für den Menschen bestehen. Klinische Daten zeigen keine Hinweise auf reproduktionstoxische Effekte bei üblichen Dosierungen. Eine Einstufung als fortpflanzungsschädlich erscheint daher wissenschaftlich nicht gerechtfertigt.

Deutschland: Verkauf von CBD-Blüten bleibt verboten

In Deutschland bleibt der Verkauf von CBD-Hanfblüten weiterhin rechtlich heikel. Das Verwaltungsgericht Braunschweig hat kürzlich entschieden, dass der Verkauf von CBD-Blüten mit geringem THC-Gehalt nicht zulässig ist. Dies obwohl 2024 THC entkriminalisiert wurde und der Anbau legal möglich ist. Das Gericht argumentierte, dass auch CBD-Blüten potenziell einen Rausch verursachen können – selbst bei einem THC-Gehalt unter der 0,3%-Grenze – und damit unter die Verbote des neuen CanG fallen. Damit bleibt der Verkauf dieser Produkte weiterhin untersagt, was für viele Händler eine existenzbedrohende Unsicherheit bedeutet.[iii]

Italien: Sicherheitspaket bedroht CBD-Markt

Ein weiteres Schlaglicht kommt aus Italien. Präsident Sergio Mattarella hat das neue “Decreto Sicurezza” unterzeichnet, das unter anderem den Verkauf und Besitz von Cannabisprodukten weiter einschränkt. Zwar sind die Details noch nicht vollständig bekannt, doch aus Branchenkreisen ist zu hören, dass auch CBD-Produkte betroffen sein könnten. Der Sektor befürchtet eine erneute Kriminalisierung, obwohl CBD nach EU-Recht legal ist. Die rechtliche Grauzone bleibt bestehen, und Händler bereiten sich auf neue Repressalien vor.[iv]

Österreich: CBD-Blüten nur noch in Trafiken

Ein richtungsweisendes Urteil des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) in Österreich hat Hanfshops landesweit aufgerüttelt. Getrocknete Hanfblüten mit einem THC-Gehalt unter 0,3 Prozent gelten nun als rauchbare Produkte und unterliegen dem Tabakmonopolgesetz. Ab sofort dürfen sie ausschliesslich in Tabaktrafiken verkauft werden und sind mit einer Tabaksteuer von 34 % belegt. Dies bedeutet faktisch das Aus für viele spezialisierte CBD-Shops, da sie diese Produkte weder verkaufen noch konkurrenzfähig bepreisen können. Branchenvertreter befürchten eine Verlagerung ins Onlinegeschäft oder den Schwarzmarkt.[v]

Tschechien: Hoffnung durch Reformbereitschaft

Auch in Tschechien ist das Thema präsent. Die Regierung hat angekündigt, klare regulatorische Rahmenbedingungen für den CBD-Markt zu schaffen. Ziel ist es, den Verkauf von Hanfprodukten mit niedrigem THC-Gehalt zu regulieren– unter Berücksichtigung von Produktsicherheit und Verbraucherschutz. Experten sehen Tschechien als potenziellen Vorreiter für eine pragmatische und wirtschaftsfreundliche CBD-Politik in Europa.[vi]

Die Schweiz im europäischen Spannungsfeld

Während der europäische CBD-Markt zunehmend unter Druck gerät – mit widersprüchlichen Signalen zwischen Repression und Reform –, zeigt sich die Schweiz bislang als liberaler Sonderfall. Der Spielraum ist hier grösser, doch auch er bleibt begrenzt: Klare gesetzliche Grundlagen fehlen, rechtliche Unsicherheiten bestehen fort. Die politische Debatte um eine generelle Cannabisregulierung nimmt zwar Fahrt auf, konkrete Fortschritte bleiben aber zögerlich.

Gleichzeitig zeigt sich: Das wirtschaftliche Potenzial ist da, der Markt entwickelt sich trotz aller Hindernisse weiter. Wenn es gelingt, regulatorische Klarheit zu schaffen und die gesellschaftliche Diskussion lösungsorientiert zu führen, könnte die Schweiz nicht nur den eigenen Markt stärken – sondern auch zum Vorbild für einen ausgewogenen, zukunftsfähigen Umgang mit Cannabis in Europa werden.


[i] Molécules dangereuses et guerre des prix : les boutiques de CBD en crise face à la concurrence d’internet

[ii] ANSES proposes that cannabidiol (CBD) be classified as a “presumed human reproductive toxicant” | Anses – Agence nationale de sécurité sanitaire de l’alimentation, de l’environnement et du travail

[iii] Kein Verkauf von Hanf-Produkten: Gericht weist Klage zurück | NDR.de – Nachrichten – Niedersachsen – Studio Braunschweig

[iv] Mattarella ha firmato il decreto sicurezza – Notizie – Ansa.it

[v] Starker Tobak für Hanfshops: Trafiken sichern sich Geschäft mit Cannabisblüten – Unternehmen – derStandard.at › Wirtschaft

[vi] Czechia to regulate low-THC cannabis in 2025: Not a win for legalization, but a start – Prague, Czech Republic

Weitere Informationen zu Cannabisregulierung in Europa: Cannabisregulierung Europa 2024: Ein Überblick – IG Hanf Schweiz